Nachdem wir letztes Jahr den slowakischen Fluß Hron bei Niedrigwasser befahren hatten, wollten wir dieses Jahr eine Woche auf einem Fluß in Polen verbringen. Die Drawa ist ein kleiner Fluss in Nordpolen und laut Wikipedia ein Paradies für Wassersportler. Eine der wenigen Informationsquellen im Internet ist der Vermieter und Reiseveranstalter kajaki.pl, über den wir letztlich auch unser Boot mieteten.
Der Fluß hat zwei befahrbare Abschnitte. Dazwischen liegt ein Sperrgebiet, um welches das Boot transportiert werden muss. Wir entschieden uns für die Befahrung des südlichen Abschnitts von Prostynia bis Krzyż Wielkopolski, die mit 89 km Länge angegeben wird. Das logistische Zentrum für diesen Abschnitt ist der Ort Drawno. Hier gibt es Supermärkte, Geldautomat, Zeltplatz und eine Touristeninformation. Wenn man die Zeit hat, sollte man schon einen Tag vor der Bootstour nach Drawno reisen und die Vorbereitungen erledigen.
Die Kommunikation mit kajaki.pl lief per Mail in Englisch, aber nicht so effektiv, wie erwartet. Letztlich wurden wir von einem Mitarbeiter per Telefon kontaktiert, während wir noch auf der Autobahn waren. Wir trafen uns in Prostynia und stellten fest, dass es dort nichts außer einem Parkplatz gibt. Allerdings hatte der Anbeiter je einen Canadier und ein reisetaugliches Kajak für uns zur Auswahl mitgebracht. Wir entschieden uns für das Zweier-Kajak. Wasserdichte Tonnen, in denen man wie sonst üblich Sachen, Schlafsack und Wertgegenstände verstauen kann, bekamen wir allerdings nicht. Und weil auch wir relativ unvorbereitet waren und den Fahrer mit Einkaufen, Packen und Autoparken zu lange aufgehalten hätten, strichen wir kurzerhand den ersten Abschnitt und ließen uns das Boot zur Stanica Wodna nach Drawno liefern. Den Nachmittag verbrachten wir mit Besorgungen und dem Aussortiern von Klamotten und Ausrüstung, denn ein Kajak bietet nur wenig Stauraum. In der Touristeninformation besorgten wir Eintrittskarten für den Drawieński Park Narodowy und buchten Biwakplätze innerhalb des Parks. Außerdem gab es dort eine Flußkarte und wasserdichte Packsäcke zu kaufen.
Am Sonntag ging die Tour dann richtig los. Nach einem Kilometer über den Jezioro Dubie fing der Nationalpark und damit die Flußfahrt an. Die ersten Hindernisse ließen nicht lange auf sich warten. Viele umgekippte Bäume versperren den Weg und erschweren das Vorankommen. Aber meistens geht es irgendwie drunter durch (Kopf einziehen) oder über die Bäume drüber (mit viel Ruckeln und Wackeln). Nur selten muss man das Boot verlassen und über den Baum heben. Eine Herausforderung bildet dabei die Strömung, welche das Boot an die Hindernisse herandrückt und es bei kleinen Unachtsamkeiten vollaufen lässt. Wir mussten öfter mal das Ufer aufsuchen, um das Boot auszukippen und unsere Hosen zu trocknen. Aber damit waren wir nicht die einzigen.
Der Fluß wird tagsüber von vielen polnischen Ausflüglern befahren. Meist werden diese am Nachmittag an einem Biwakplatz abgeholt, nicht ohne eine Menge Müll zu hinterlassen. Nachts hat man die Biwakplätze meist für sich. Nur manchmal schaut noch ein Fuchs vorbei, ob sich noch etwas Essbares finden lässt. Die Biwakplätze sind ansonst gut gepflegt, verfügen über Chemietoiletten, mehrere Feuerstellen und reichlich Feuerholz. Weil dieses meist aus großen Stämmen besteht, empfiehlt es sich, eine Axt mitzubringen – sonst wird das Feuer groß und der Abend lang.
Unsere schlechte Vorbereitung betraf auch die Versorgung mit Nahrung. Im Park gibt es nichts zu kaufen und auch südlich des Parks keine Einkaufsmöglichkeiten direkt am Fluß. Über Openstreetmap konnten wir aber sogenannte Skleps ausfindig machen – kleine Tante-Emma-Läden, die es noch in fast jedem Dorf gibt. Aller zwei Tage stand also ein Fußmarsch zwischen 4 und 10 Kilometern an, um die Vorräte an Brot, Bratwurst und Bier aufzufrischen. Von Pilzpfanne und frischem Minztee allein zu leben, hat also nicht funktioniert.
Die auf der Webseite des Vermieters vorgeschlagene Reisedauer von 8-9 Tagen ist sehr großzügig bemessen. Bei Start in Drawno fehlte uns schon ein Tag und ganz bis zur Mündung sollte der Fluß auch nicht befahren werden (unter der Eisenbahnbrücke bei Krzyż herrscht starke Strömung – wir sind hier ausgestiegen). Am Ende verbrachten wir 5 Tage auf dem Fluß und legten zwischendurch einen Pausentag auf dem schönen Biwakplatz Pstrąg ein. Vom Bootsvermieter wurden wir am Freitag wieder zurück nach Drawno gebracht. Berechnet wurde uns allerdings der Bootstransport bis zur Basis der Firma in Łubowo. Die Transportkosten übersteigen dabei die Bootsmiete um ein Vielfaches. Zu prüfen ist deshalb, ob sich nicht auch ein Boot von einem der vielen Anbieter vor Ort mieten lässt. Wegen des Stauraums des Bootes waren wir am Ende trotzdem ganz zufrieden. Wir behalten den tückischen Fluß, die friedliche Natur und die langen Abende am Lagerfeuer in guter Erinnerung.